Konfliktanalyse: Wie man mit den Eskalationsstufen nach Glasl bereits eskalierte Konflikte noch erfolgreich deeskalieren kann


„Man vergisst vielleicht, wo man die Friedenspfeife vergraben hat – aber niemals, wo das Beil liegt“ (Mark Twain). Wenn Konflikte nicht beigelegt werden, entfalten sie häufig eine Eigendynamik und eskalieren dann stufenweise immer mehr. Der renommierte Konfliktforscher Friedrich Glasl hat das bereits 1980 in seinem viel beachteten „Phasenmodell der Eskalation“ systematisch dargelegt. Demnach können Konflikte, wenn sie nicht gelöst werden, auf drei sich verschärfenden Ebenen mit insgesamt neun Eskalationsstufen immer weiter eskalieren. Und je weiter die Konfliktparteien auf dieser Eskalationsleiter hinabklettern, desto wahrscheinlicher wird eine Situation, in der beide verlieren (Lose-Lose statt Win-Win oder Win-Lose).

  • Dabei ist das Stufenmodell Glasls allerdings nur ein wichtiger Anfang. Denn nach der Konfliktanalyse mit Glasls Eskalationstheorie beginnt erst die große Herausforderung des Konfliktmanagements, um den Konflikt nicht nur zu verstehen, sondern auch mittels Schlichtung und Mediation zu lösen.
  • Was das Eskalationsstufenmodell im Einzelnen bedeutet – und wie Sie die Ergebnisse konkret für die Konfliktlösung in Ihrer Arbeit und Ihrem Unternehmen nutzen können – erfahren Sie hier in diesem Büro-Kaizen-Beitrag.

(Lesedauer ca. 11 Minuten)

1. Die Eskalationsstufen von Glasl helfen, Konflikte noch rechtzeitig zu deeskalieren

In jedem Unternehmen kommt es immer wieder zu Konflikten. Diese können die unterschiedlichsten Ursachen haben, von inhaltlichen Zielkonflikten bis zu kompetitiver Konkurrenz und persönlichen Animositäten und Antipathien. Wenn sich diese Spannungen jedoch verhärten und ungelöst eskalieren, leidet die Effizienz und Produktivität der Zusammenarbeit und scheitern nicht selten auch ganze Projekte. Daher ist eine rechtzeitige Deeskalation des Streits und eine Lösung des ursächlichen Problems so wichtig.

  • Aus diesem Grund ist ein frühzeitig schlichtendes Konfliktmanagement auch ein zentraler Bestandteil guter Mitarbeiterführung und essenziell für ein erfolgreiches Projektmanagement.
  • Die Konflikttheorien, wie Glasls Eskalationsstufen, helfen nun nicht nur den beteiligten Konfliktparteien, sondern auch intervenierenden Dritten (wie den vorgesetzten Führungskräften), die Ursachen zu identifizieren und zeigen dadurch mögliche Lösungswege auf.

2. Das Phasenmodell der Eskalationsstufen nach Glasl einfach erklärt (Kurzfassung)

Der österreichische Psychologe, Ökonom und Konfliktforscher Friedrich Glasl (*1941) hat 1980 das sogenannte „Phasenmodell der Eskalation“ entwickelt, um den Verlauf von Konflikten besser analysieren und daraus mögliche Reaktionen und Lösungen ableiten zu können. Glasls Eskalationsmodell beinhaltet neun Stufen, die auf drei übergeordnete (Haupt-)Ebenen immer weiter abwärts in die Eskalationsspirale führen.

  • Während anfangs (Stufe 1 bis 3) noch beide Konfliktparteien aus dem Geschehen einen Gewinn ziehen können (Win-Win), ist es auf der zweiten Ebene (Stufe 4 bis 6) maximal nur noch eine Partei (Win-Lose) und auf der höchsten Eskalationsebene (Stufe 7 bis 9) verlieren dann alle Beteiligten (Lose-Lose).
  • Mit jeder der neun Eskalationsstufen nehmen zudem die Schwierigkeit zu und die Möglichkeiten ab, den Konflikt noch deeskalieren und lösen zu können. Daher ist eine rechtzeitige Intervention so wichtig. Hier der Überblick.
Das Phasenmodell der Eskalationsstufen nach Glasl
Das Phasenmodell der Eskalationsstufen nach Glasl wird in drei Ebenen mit insgesamt neun Stufen unterteilt. Von Spannungen in der Win-Win Ebene steigert sich die Konflikteskalation bis zum gemeinsamen Untergang in der Lose-Lose Ebene.

Was sind die 3 Ebenen und 9 Stufen der Konflikteskalation nach Glasl?

Ebene 1: Win-Win-Situation – noch können alle von dem Konflikt profitieren

In dieser Hauptebene/Hauptphase 1 findet noch ein sachlicher Austausch zwischen den Kontrahenten statt. Die Emotionen sind noch nicht so hochgekocht und es gibt auch noch keine Nebenkriegsplätze. Der Konflikt kann also bei rechtzeitigem Gegensteuern noch vergleichsweise einfach eingedämmt und für beide Seiten prinzipiell positiv gelöst werden (Win-Win Situation).

Eskalationsstufe 1: Verhärtung von Spannungen Normale und alltägliche Spannungen aufgrund von unterschiedlichen Meinungen oder kleineren Reibereien werden nicht konstruktiv (lösungsorientiert und kompromissbereit) gelöst und keiner lenkt ein. Dadurch verhärten sich die Sichtweisen der beteiligten Parteien.
Eskalationsstufe 2: Debatte, Polarisation, Streit Die verhärteten Spannungen verschärfen ein Schwarz-Weiß-Denken auf beiden Seiten. Es kommt zu vermehrten Streitigkeiten, die nun von beiden Seiten als manifester Konflikt wahrgenommen werden. Dies führt, wenn keiner einlenkt, zwangsläufig zu Strategien, um der Gegenseite nicht unterliegen zu müssen. Dadurch wird deren Meinung zugleich immer weniger wahrgenommen, respektiert und damit berücksichtigt.
Eskalationsstufe 3: Taten statt Worte Die verbale Kommunikation mit der Gegenseite wird inzwischen als „sinnlos“ und „sowieso nutzlos“ angesehen und daher abgebrochen. Die eigene Meinung soll aber natürlich trotzdem in jedem Fall umgesetzt werden. Da die Kommunikation abgebrochen wurde, wird der Konflikt nun nicht mehr mit Worten geführt, sondern Taten signalisieren ab jetzt die eigenen Standpunkte der beiden Seiten. Das kann von demonstrativem Ignorieren über trotzige Krankschreibungen bis zum Kürzen von Budgets oder ähnlichem reichen. Eine produktive Zusammenarbeit ist damit bereits auf dieser Stufe kaum noch möglich.

Ebene 2: Win-Lose-Situation – ab hier gibt es immer auch (mindestens) einen Verlierer

In der Hauptphase 2 spielen die ursprünglichen sachlichen Inhalte nur noch eine nachrangige Rolle. Die Fronten haben sich mittlerweile so verhärtet (subjektiviert) und der Hauptkonflikt so viele Nebenkonflikte erzeugt, dass eine destruktive Atmosphäre vorherrscht – allerdings immer noch unter Einhaltung der moralischen, ethischen und rechtlichen Regeln. Ab hier steht nicht mehr das Lösen, sondern das Gewinnen des Konflikts im Fokus. Die ursprüngliche Zielsetzung der Konfliktparteien hat sich somit also verschoben. Die fortwährende Eskalation richtet dabei so viel Neben- und Folgeschaden an, dass meistens nicht mehr beide Seiten gewinnen können, mindestens eine muss inzwischen deutlich mehr nachgeben und „einstecken“, als sie gewinnen kann. Das macht ein Einlenken umso schwieriger, lieber soll das Ruder noch rumgerissen werden.

Eskalationsstufe 4: Koalitionen, Sorge ums Image Die Konfliktparteien suchen sich Verbündete, als Unterstützung und um den eigenen Standpunkt zu stärken. Das kann in der Folge zu Stellvertreterkonflikten führen. Dabei wird die Gegenseite zunehmend als Gegner wahrgenommen und Sachlichkeit weicht einem Denunzieren. Für die eskalierte Situation wird jedoch allein das „unmögliche Verhalten“ der Gegenseite verantwortlich gemacht.
Eskalationsstufe 5: Gesichtsverlust Nach Glasl ist die nächste Eskalationsstufe des Konflikts, dass sich die beiden Konfliktseiten anfangen, offen zu diffamieren, um die Glaubwürdigkeit des/der anderen zu untergraben (moralische Entwertung). So sollen Unterstützer der anderen Seite herausgeschlagen und eigene hinzugewonnen werden. Die Selbstbeherrschung und moralischen Skrupel nehmen dabei immer mehr ab.
Eskalationsstufe 6: Drohstrategien Da die gegnerische Partei nicht überzeugt oder überstimmt werden konnte, soll sie nun mittels Drohungen zum Aufgeben gezwungen werden. Die Drohungen sollen dabei die eigene Macht, Ziele und Entschlossenheit demonstrieren; häufig begleitet von Sanktionen und Ultimaten.

Ebene 3: Lose-Lose – auf diesem Eskalationsniveau verlieren immer beide Seiten

In dieser Hauptphase 3 geht es nicht mehr um das „Gewinnen“ – dies ist auch für keine der beiden Seiten mehr möglich. Dafür ist der Konflikt schon zu weit eskaliert und hat auf beiden Seiten schon zu viel Kollateralschaden angerichtet. Es gibt kein Halten mehr, keine Selbstbeherrschung und keine Regeln. Dementsprechend hochgeschaukelt wird nun die Vernichtung des Gegners zum Hauptziel. Notfalls auch mit selbstzerstörerischen Mitteln. Hinweis: Diese verheerenden Eskalationsstufen Glasls werden in beruflichen Konstellationen zum Glück nur äußerst selten erreicht. Typische Beispiele sind vielmehr die Rosenkriege restlos verzankter Ehepaare, Banden- und Mafiakriege sowie internationale Konflikte zwischen Staaten.

Eskalationsstufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge, Angriff Das neue Hauptziel der Konfliktparteien ist nun, der anderen Seite zielgerichtet einen größeren Schaden zuzufügen, als man selbst dadurch erhält. Dafür hat sich die Denunziation der Gegenseite zu einer moralischen Entmenschlichung gesteigert, was sämtliche Mittel rechtfertigt.
Eskalationsstufe 8: Zersplitterung Um in dem bereits verheerend eskalierten Konflikt noch „gewinnen“ zu können, wird versucht, das Unterstützernetzwerk der Gegenseite zu zerstören. Die gegnerische Konfliktpartei soll mit allen Mitteln isoliert werden, um sie dann leichter vernichten zu können. Dementsprechend wird auch das Unterstützerumfeld erbarmungslos attackiert.
Eskalationsstufe 9: Gemeinsam in den Abgrund Das Konfliktgeschehen ist so eskaliert, dass keine der Parteien mehr rational handelt. Der „totale Konflikt“ nimmt nun auch rasend die Selbstvernichtung in Kauf, Hauptsache der Gegner wird dabei ebenfalls vernichtet („besiegt“).

3. Konfliktmanagement: Deeskalations- und Lösungsstrategien für eskalierende Konflikte (nach Glasl)

Unter dem Begriff „Konfliktmanagement“ werden alle Maßnahmen gezählt, die zu einer Verhinderung von Konflikten beitragen, bestehende deeskalieren oder zumindest deren weitere Ausbreitung verhindern. Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere die Konfliktbegleitung der Konfliktparteien und deren Konfliktberatung (Schlichtung), die aktive Konfliktvermittlung (Mediation) sowie letztlich auch Schieds- und Rechtsverfahren und die machtvolle Intervention einer übergeordneten dritten Partei. Je nach der erreichten Eskalationsstufe sind dabei, so Glasl, entweder noch verschiedene Interventionen seitens Dritter möglich oder bereits andere nötig. Hier die Übersicht.

Zitat von Albert Einstein zur Konfliktlösung
Für die Deeskalations- und Lösungsstrategien von eskalierenden Konflikten, sagte bereits Albert Einstein, dass diese nicht mit der selben Denkweise gelöst werden können.

Deeskalations- und Lösungsstrategien je Eskalationsstufe nach Glasl:

  • Stufe 1-3: Konfliktmoderation und Coaching
  • Stufe 3-5: Prozessbegleitung und Schlichtung (= ein neutraler Schlichter schlägt einen Kompromiss vor, den beide Konfliktparteien allerdings annehmen müssen)
  • Stufe 4-6: Sozio-therapeutische Maßnahmen
  • Stufe 5-7: Vermittlung und Mediation (= ein Mediator berät die Parteien hinsichtlich rationaler Ziele und Lösungen und übernimmt zugleich auch noch das Verfahren der aufgeheizten Verhandlung mit der Gegenseite)
  • Stufe 6-8: Schiedsverfahren und Rechtsstreit (= in einem Schiedsverfahren wird außergerichtlich ein bindendes Urteil getroffen)
  • Stufe 7-9: Machteingriff von außen

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4. Kritik an dem Eskalationsstufenmodell von Glasl: Ursachen und Lösungen kommen zu kurz

Stand heute gibt es noch keine einheitliche Konflikttheorie, sondern nur eine Vielzahl an Modellen von so unterschiedlichen Theorien, dass diese nicht in einer einzigen allgemeinen Konflikttheorie zusammengefasst werden können. Die Konflikttheorien, wie das Eskalationsstufenmodell nach Glasl, sind aber dennoch so wichtig, weil sie es erlauben, signifikante Variablen und Gründe zu identifizieren, die das Verhalten der Konfliktbeteiligten beeinflussen und damit erklären können. Damit liefern sie (jede Konflikttheorie mit einem etwas anderen Fokus) essenzielle Hinweise für die Beilegung des Streits.

  • Das Phasenmodell der Eskalationsstufen von Glasl zeigt zwar gut auf, wie ein Konflikt eskalieren kann, aber nicht detailliert genug, wie er überhaupt entsteht oder gelöst werden kann. Hierfür wird weiteres Knowhow in den beiden Nachbarbereichen „Konfliktursachenforschung“ und „Konfliktmanagement“ benötigt, beispielsweise für eine erfolgreiche Umsetzung der Schlichtung oder Mediation seitens Dritter.
  • Wie sich mögliche Konflikte verhindern oder rechtzeitig deeskalieren lassen, können einige andere Konflikttheorien aufschlussreicher erklären (z. B. das „Eisbergmodell der Kommunikation“ oder das Konzept der „konstruktiven Kritik“; siehe unser Extra-Tipp in Punkt 7 unten).
  • Auch wenn es keine einheitliche Supertheorie der Konflikte gibt, existieren dennoch einige zentrale, theorieunabhängige und allgemeingültige Merkmale von Konflikten, die im Zusammenspiel ein noch schärferes Bild des Konfliktgeschehens liefern. Und das geht so.

Allgemeine Definition von sozialen Konflikten:

Das Wort Konflikt kommt von dem lateinischen „confligere“ und bedeutet so viel wie zusammenstoßen, aneinandergeraten, im Streit liegen. Ein sozialer Konflikt bezeichnet nun einen sozialen Tatbestand, an dem mindestens zwei Parteien beteiligt sind und dessen Ursache entweder in unterschiedlichen, zum Teil unvereinbaren Interessenskonstellationen und/oder in den sozialen Lagen begründet ist.

  • Die Wahrnehmung dieser Unterschiede durch eine oder alle Konfliktparteien kann dabei auch irrtümlich, also falsch sein. Liegt die Konfliktursache in einem solchen Missverständnis, spricht man von einem semantischen Konflikt (auch als „unechter Konflikt“ oder „Scheinkonflikt“ bezeichnet).
  • Anders formuliert liegt ein sozialer Konflikt dann vor, wenn eine Person einen erwünschten Soll-Zustand durch eine andere Person beeinträchtigt sieht (auch irrtümliche Interpretationen sind möglich), oder einfach nur mit dem jetzigen Ist-Zustand unzufrieden ist, ohne dabei eine konkrete Zielvorstellung eines Soll-Zustandes zu haben, oder der Soll-Zustand die Aufrechterhaltung des Ist-Zustandes ist.

Verschiedene Konflikttypen: Echte vs. unechte und latente vs. manifeste Konflikte

Eine weitere Differenzierung ergibt sich entlang der Gegensätze echte Konflikte vs. unechte (irreale) Konflikte sowie latente vs. offen ausgetragene, manifeste Konflikte.

  • Echte Konflikte: Bei echten Konflikten wird das Erreichen einer Handlung wechselseitig verhindert oder blockiert. Dabei werden latente echte Konflikte noch nicht offen ausgetragen. Manifeste echte Konflikte wiederum können entweder regellos oder reguliert ausgetragen werden (z. B. in Form von Konkurrenz innerhalb von Normen und Regeln oder in einem Rechtsstreit).
  • Irreale/unechte Konflikte: Dies sind offen ausgetragene manifeste Konflikte, die aber nicht auf tatsächlichen Gegensätzen beruhen, sondern entweder auf Missverständnissen (= Scheinkonflikte) oder seltener auf intrapersonalen Konflikten wie psychischen Spannungen, die sich dann auf die andere Person auswirken. Die Missverständnisse können dabei ihre Ursache in falschen Meinungen, falscher Wahrnehmung, mangelndem Wissen oder Frustration haben. Unechte Konflikttypen können prinzipiell rational gelöst werden.
  • Weitere Konfliktklassifikationen: Darüber hinaus gibt es noch weitere Konfliktlinien, wie symmetrisch vs. asymmetrisch, legitim vs. illegitim, objektiv vs. subjektiv, antagonistisch (unvereinbar) vs. nicht-antagonistisch, funktional vs. dysfunktional (alle unechten, regellosen sowie eskalierten Konflikte sind per se dysfunktional) sowie konsensual (Einigkeit über das Ziel, aber nicht über die Umsetzung) vs. dissensual (inkompatible Zielsetzung).

5. Konflikte haben ein positives Potenzial – so lange sie nicht wie bei Glasl stufenweise eskalieren

Konflikte sind ein wichtiges Signal für Unzulänglichkeiten oder Missstände. Dafür, dass etwas nicht (mehr) stimmt und verändert werden muss. Insofern bergen Konflikte auch ein positives Potenzial mit einer Chance auf Weiterentwicklung und Verbesserung. Nice Fact: Neben einer Behebung von objektiven Missständen kann dies auch ein Hinzugewinn von Wissen oder eine Verbesserung der sozialen Kompetenzen (oder auch eine Selbsterkenntnis) sein.

  • Allerdings räumen nur die kulturoptimistischen Konflikttheorien den Konfliktbeteiligten überhaupt eine gewisse Selbstverantwortung und Lernfähigkeit ein. Die kulturpessimistischen Konflikttheorien (von Machiavelli bis Morgenthau) sprechen dem Menschen die Fähigkeit und das Interesse zu einer konstruktiven Konfliktlösung grundsätzlich ab.
  • Einige Theorien sehen Konflikte auch rein dysfunktional als störende Abweichung von einem Idealzustand und reduzieren sie komplett auf psychologische oder semantische Probleme. Ein Konflikt käme demnach nur dann zustande, weil eine Partei unrecht hat, etwas falsch verstanden hat oder sich falsch verhält.
  • Das Phasenmodell der Eskalationsstufen von Glasl ist hier ein Mittelweg. Bis zu einer gewissen Eskalationsstufe kann ein Konflikt von den Konfliktparteien noch selbst gelöst werden, irgendwann wird das Hinzuziehen neutraler Dritter wichtig und ab einem gewissen Punkt (Eskalationsebene 3) geht es den Beteiligten gar nicht mehr um eine konstruktive Lösung, sondern nur noch um den Konflikt selbst und eine Niederlage des anderen. Eine Konfliktlösung ist dann nur noch durch den Machteingriff eines legitimierten Dritten möglich (z. B. Chef oder Rechtsstaat). Ein gutes Beispiel für diese Ambivalenz ist der Tarifstreit, der grundsätzlich ein konstruktiver Konflikt sein kann (Win-Win), ungelöst verhärtet aber gefährlich eskalieren kann (Lose-Lose).

6. Allgemeine Kurzanleitung für die Konfliktanalyse und Konfliktbeilegung

Wenn man helfen will (oder muss), einen Konflikt zu lösen, dann muss man sich zunächst einen Überblick über das Konfliktgeschehen machen, um ja nichts zu übersehen. Vor der Konfliktlösung liegt also immer die Konfliktanalyse. Und in einer guten Konfliktanalyse liegt meist auch schon die Lösung, die es dann – je nach Beteiligten und Eskalationsstufe – mit Fingerspitzengefühl oder Macht durchzusetzen gilt. Folgende Schritte und Fragen helfen dabei.

  • Konfliktebene: Zunächst muss die Konfliktebene bestimmt werden. Handelt es sich um einen intrapersonellen (psychischen), interpersonellen (zwischenmenschlichen) oder gesellschaftlichen (systemischen) Konflikt?
  • Konfliktstruktur und Konflikttyp: Handelt es sich noch um einen latenten oder schon um einen manifesten Konflikt? Sind die Konfliktursachen „echt“ oder „unecht“ (z. B. aufgrund eines Missverständnisses oder fehlenden Wissens)? Wird der Konflikt reguliert oder regellos ausgetragen?
  • Beteiligte Akteure: Welche Personen sind alles involviert, inklusive aller indirekt beteiligten Dritten. Wer ist zum Beispiel Förderer, Unterstützer oder Nutznießer – und warum?
  • Konfliktinhalt: Hier geht es vor allem um die originären Konfliktursachen, also die genaue Art der ursächlichen Differenzen und Gegensätze. Sind die Positionen unvereinbar, oder kann mit einem Kompromiss eine gemeinsame Lösung gefunden werden? Dabei muss zwischen tieferliegenden Ursachen und dem akuten Auslöser (dem Trigger-Moment) unterschieden werden. Fallbeispiel: Die Ursachen für den arabischen Frühling um die 2010er Jahre lagen in einer tiefen Unzufriedenheit mit der starken sozio-ökonomischen Benachteiligung breiter Bevölkerungsschichten. Der akute Auslöser war dann das Explodieren der Brotpreise im Zuge der sprunghaft gestiegenen Rohstoffspekulation in Folge der Finanzkrise 2008/09 und der Kapitalflucht aus den kollabierenden Aktienmärkten in Rohstoffe. Viele Menschen konnten sich das nun plötzlich mehr als doppelt so teure Essen und Benzin nicht mehr leisten und zogen in Massenprotesten auf die Straße und gegen die „Paläste“.
  • Konfliktverlauf: Auf welcher Eskalationsstufe nach Glasl befinden sich die Konfliktparteien und deren Stellvertreter und Unterstützer jetzt? Wie ist der originäre Konflikt entstanden und wie hat er sich entwickelt? Und wann kamen während der Eskalation daraus abgeleitete Konflikte hinzu, die Nebenschauplätze?
  • Möglichkeiten für die Konfliktlösung: Die Zauberformeln für die Lösung eines Konflikts lauten Kompromissfähigkeit und respektvolle Umgangsformen. Warum Kompromiss? Weil „die Freiheit des Einzelnen [dort] endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt“ (Immanuel Kant). Wer egoistische Ziele durchboxen will, muss nun mal mit legitimen Widerstand rechnen – und wer Widerstand vermeiden will, darf sich nicht selbst bevorteilen. In der Konfliktschlichtung und Mediation wird daher nach gemeinsamen Lösungen gesucht und eine Rückkehr zu geordneten Kommunikationsverfahren ermöglicht. Neben einem Werben für die Konfliktlösung beinhaltet das (leider) meist auch eine weitreichende Amnestie für das Fehlverhalten im eskalierten Konfliktverlauf. Das schmerzt dem Ego, aber ist für ein Schlussstrichziehen und nach vorne kucken nötig. Denn nur so schafft man es oftmals, beide Seiten zum Einlenken zu bewegen. Fallbeispiel: Paramilitärs in Bürgerkriegen werden für ihre Verbrechen häufig nicht ins Gefängnis gesteckt, sondern bekommen Wiedereingliederungschancen und Hilfen – weil sie sonst aufgrund fehlender Berufsperspektiven im Frieden (erlernter Beruf: „Illegitimer Kämpfer“, Stellenangebote: „0“, Chance auf Armut: „100 %“) und um persönlichen Haftstrafen zu entgehen, ewig weiterkämpfen würden. Der ungelöste Konflikt ist in dieser Lesart immer noch besser als die Konsequenzen eines verlorenen Konflikts. Je größer ein Konflikt, desto größer also meistens auch der Preis, der für seine Beendigung bezahlt werden muss. Daher muss eine Deeskalation immer möglichst früh und spätestens gleich erfolgen!

7. Extra-Tipp: Deeskalation und Konfliktvermeidung mittels konstruktiver Kritik und dem Eisbergmodell der Kommunikation

Das Eisbergmodell der Kommunikationspsychologie verdeutlicht, wie leicht man aneinander vorbeireden kann. Denn im Schnitt sind nur 20 % einer zwischenmenschlichen Kommunikation verbal und rational „sichtbar“. 80 % hingegen passieren auf einer nonverbalen (zum Teil vor- und unbewussten) Beziehungsebene, die von Einstellungen, Erfahrungen, Sympathien, Motiven und auch der aktuellen Stimmungslage geprägt ist. Und wenn diese unsichtbare Beziehungsebene gestört ist, dann hat das auch zwangsläufig konflikthafte Folgen für die verbale Sachebene. Das verdeutlicht auch das Konzept der „konstruktiven Kritik“. Denn destruktive Kritik führt meist unweigerlich zu Spannungen und zum Konflikt. Darunter versteht man tadelndes Zurechtweisen, vorwurfvolles Attackieren, überzogene Darstellungen oder auch schlecht gelauntes Runterputzen. Mit einer respektvollen und wertschätzenden konstruktiven Kritik hingegen schaut man nicht vorwurfsvoll zurück, sondern lösungsorientiert nach vorne. Dafür werden verletzende Botschaften vermieden und nach Win-Win-Lösungen gesucht. Auf diese Weise lassen sich gewünschte Verbesserung deutlich einfacher, leichter und schneller erreichen! Hier finden Sie unsere dazugehörigen Büro-Kaizen-Anleitungen.

  • Das „Eisbergmodell der Kommunikation“ hilft, Konflikte achtsamer zu vermeiden und bestehende konstruktiver zu lösen.
  • Mittels konstruktiver Kritik lassen sich gewünschte Verbesserungen auch tatsächlich erreichen: Vorteile, Regeln und Beispielsätze.
  • Weitere Tipps und Vorlagen im Download-Center: Viele weitere praxisorientierte Checklisten, Druckvorlagen, Anleitungen und Tipps für ein produktiveres Büro (Schreibtisch, digitales Arbeiten, Teamarbeit und Meetings) finden Sie in unserem → kostenlosen Download-Center!

Büro-Kaizen Video-Tutorial: Digital-Leadership: 7 Tipps für Führungskräfte mit Microsoft 365

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(Dauer 06:07 Minuten)

Inhalt dieses Büro-Kaizen Video-Tutorials:

  1. Einleitung 00:00 
  2. Selbstmanagement ist die Basis 00:23 
  3. Weniger ist manchmal mehr 01:05 
  4. Microsoft 365 ist kein reines IT-Thema 01:44 
  5. Entweder es geht einfach, oder es geht einfach nicht 02:28 
  6. Führende Systeme definieren 03:16 
  7. Die Kette bricht am schwächsten Glied 04:03 
  8. Im Team braucht es Spielregeln 04:54 


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