Faktor C – Nur drei von fünf Arbeitstagen sind effizient

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Experte Jürgen Kurz: So beenden Sie das Büro-Chaos

Volle Schreibtische, überquellende Regale und überall Papierstapel - chaotische Büros sind in deutschen Unternehmen eher die Regel als die Ausnahme. Was die einen als „kreatives Chaos“ beschönigen, werten die anderen als Effizienzkiller Nummer eins. Einer der größten Experten Deutschlands für Ordnung am Arbeitsplatz ist Jürgen Kurz. Für „Faktor C“ hat er seine Tipps zusammengestellt.


Die AKAD Hochschule in Leipzig hat in Zusammenarbeit mit der tempus GmbH die größte Online-Befragung im deutschsprachigen Raum zur Arbeitseffizienz im Büro durchgeführt. Das Ergebnis der Studie: Gestiegene Kommunikationsanforderungen und Ineffizienzen in der Büroorganisation führen dazu, dass lediglich drei Tage pro Arbeitswoche für produktives Arbeiten übrig bleiben.

Effizienz ist eine dringende Notwendigkeit der Zeit. Dies bestätigt ein zentrales Ergebnis der Studie: Durchschnittlich kommen die über 1.500 Befragten auf 16 Prozent Überstunden — bei einer 40 Stundenwoche fast ein ganzer Arbeitstag. Trotzdem haben fünf von sechs das Gefühl, dass sie immer noch nicht genügend arbeiten.


E-Mails, Facebook & Co

„Eine Ursache liegt im beständig wachsenden Kommunikationsaufwand”, so Prof. Dr. Daniel Markgraf zu den Ergebnissen seiner Arbeitseffizienz-Studie. Ob die Kommunikation mit Kunden, interne Absprachen oder die Überwachung von Aufgaben - aufsummiert, verbringen Bürotätige im Durchschnitt einen Tag pro Woche mit der Bearbeitung von E-Mails und einen weiteren in Besprechungen. Jeder Vierte empfindet mehr als die Hälfte der empfangenen Mails als unproduktiv.
Dennoch lesen 60 Prozent der Befragten E-Mails auch außerhalb ihrer Arbeitszeit. Hinzu kommen Aktivitäten in Online-Netzwerken und Instant Messenger-Angeboten. Gleichzeitig werden in Besprechungen vereinbarte i-dos nur zu 60 Prozent umgesetzt.


Ordnung verspricht Effizienz

Mich überraschen diese Ergebnisse nicht. Die Erfahrungen aus meiner Beratungspraxis decken sich mit den ermittelten Zahlen. In Großunternehmen werden laut Aussagen der Mitarbeiter eher nur 30-40 Prozent der in Besprechungen vereinbarten Aufgaben tatsächlich erledigt. Aber die Studie zeigt auch, dass ein großes Verbesserungspotenzial in der Büroorganisation steckt. Knapp die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass sie allein durch einen aufgeräumten Arbeitsplatz um mehr als 20 Prozent effizienter arbeiten könnten.

Deshalb im Folgenden meine besten Tipps, wie Sie Ihren Arbeitsplatz zu einem Ort umgestalten, an dem Sie mit mehr Spaß und Effizienz zu Werke gehen.

  • 1. Feste Plätze schaffen

    Bestimmen Sie einen Bereich, in dem Zubehör, wie beispielsweise Kabel, Stifte und anderes Büromaterial, gelagert werden kann. Unterteilen Sie ihn in leicht erkennbare Kategorien. Wenn nötig, können Sie einzelne Teile zusätzlich beschriften. So findet jeder schnell, was er benötigt. Ein Büroregal und Klebeband sind alles, was Sie benötigen. Haben Sie in Ihrem Büro Gegenstände, die geteilt und von mehreren Mitarbeitern genutzt werden, wie zum Beispiel einen Beamer oder eine Digitalkamera? Dann legen Sie am Aufbewahrungsort eine Liste aus, in der der Entleiher festgehalten wird — so wissen alle immer, bei wem das Gerät zu finden ist.

  • 2. Fragen vermeiden durch „One-Minute-Lessons“

    Gibt es in Ihrem Büro Geräte, deren Bedienung ständig die gleichen Fragen aufwirft? Schreiben Sie eine kurze, klare Anleitung, die Step-by-Step genau erklärt, was zu tun ist. Bringen Sie diese gut sichtbar am Gerät an. Bei Bedarf können Sie Ihre Erklärung mit Bildern unterstützen. So ersparen Sie sich und Ihren Kollegen lästige Unterbrechungen.

  • 3. Zuständigkeiten klären

    Trotz guter Organisation entstehen bei der Arbeit Probleme, die man nicht alleine lösen kann. In diesem Fall spart es Zeit, für eine Lösung immer sofort einen und vor allem direkt den richtigen Ansprechpartner zu haben. Erstellen Sie eine Liste mit internen Zuständigkeiten, um langes Herumfragen zu vermeiden, und hängen Sie diese gut sichtbar aus. Um die Kontaktaufnahme zu erleichtern, tragen Sie Namen, Telefonnummern und Abteilungen ein. Greifen Sie öfter auf externe Dienstleister zurück, empfiehlt sich auch hier ein Verzeichnis!

  • 4. Nachschub sicherstellen mit Kanban

    Jedes Büro verlässt sich auf einige Ressourcen, von denen die reibungslose Arbeit abhängig ist doch was, wenn das Druckerpapier plötzlich zur Neige geht, Sie aber für einen Termin dringend etwas aus drucken müssen? Mit einem einfachen System sorgen Sie dafür, dass solche Engpässe nicht entstehen. Das Kanban-Prinzip (Kanban ist aus dein Japanischen und bedeutet „Karte”) stellt in wenigen Schritten eine garantierte Grundversorgung her, egal, was Sie gerade brauchen: Ein Mindestbestand wird festgelegt. Wird die Mindestmenge unterschritten, erkennt dies der Mitarbeiter anhand der Kanban-Karte und kann die Nachlieferung anstoßen.

    Und so funktioniert es:
    Auf der Kanban-Karte vermerken Sie folgende Informationen: WAS Ist die Ressource, WO ist Nachschub erhältlich, WIE Ist sie wieder aufzufüllen. Schreiben Sie zum Beispiel: „Druckerpapier, weiß, A4; Lager 3, 1. Stock; 1/2 Stapel in das Papierfach des Druckers, Rest in Regal rechts vom Drucker.” Legen Sie die ausgefüllte Karte auf die vorletzte Packung im Stapel.
    Wenn der Vorrat zuneige geht, sieht der Mitarbeiter, wo und wie er für Nachschub sorgen kann. So schaffen Sie einen sicheren Vorrat, der sich quasi automatisch bei Bedarf wieder auffüllt.



DER STAPEL-TRICK

Ein anderes Problem im Büroalltag sind die ständig wachsenden Stapel. Wächst ein Stapel zu hoch, ist die Versuchung groß, einen zweiten zu beginnen. Machen Sie sich und ihren Mitarbeitern klar, dass es mehrere Tage in Anspruch nimmt, einen Stapel mit 30 bis 40 Zentimeter Höhe zu bearbeiten. Diese Zeit werden Sie nie haben, daher können Sie getrost die untersten 10 Zentimeter wegwerfen, wenn der Stapel voll ist.
Das geht nicht, ohne die Unterlagen durchzusehen? Vielleicht Ist ja etwas Wichtiges dabei, das gebraucht wird? Machen Sie sich bewusst, dass Sie nicht alles lesen können, das Sie gerne lesen würden. Sich auf die wirklich wichtigen Unterlagen zu konzentrieren und die anderen zu ignorieren, ist nicht nur in Ordnung, sondern absolut notwendig.
Ist ihnen schon aufgefallen, dass ein Kleiderschrank immer voll ist, egal wie groß er ist? Das zentrale Prinzip eines für immer aufgeräumten Büros besteht darin, sich selbst begrenzende Systeme zu schaffen. Der Lesestapel ist ein gutes Beispiel. Durch die definierte Höhe kann die Menge der Unterlagen nicht mehr ausufern.


Der „Kleiderschrank“ im Netz

Wie ist es mit dem größer werdenden digitalen Informationsfluss, der uns erreicht? Täglich stoßen wir auf interessante Webseiten, Links, Videos, Themen und Beiträge. Dabei kann man sich verzetteln und viel Zeit unproduktiv heim Surfen im Netz verschleudern.
Seiten oder Unterlagen, auf die wir stoßen, und die wir uns noch genauer ansehen möchten, werden meist planlos auf dem Desktop abgelegt. Das Chaos ist vorprogrammiert, Internetbrowser und Mailprogramm vor lauter Datei-Icons nicht auffindbar. Der Computer verfügt über einen enormen Speicherplatz, dadurch haben wir kein begrenzendes Regalfach und müssen andere Lösungen finden, und Unordnung und Zeitverschwendung vorzubeugen.

Nur Wichtiges sammeln

Wenn Sie sich beim Surfen erwischt haben, stellen Sie sich die Frage, ob das für Ihre Arbeit wirklich notwendig war. Sammeln Sie nur wirklich wichtige Dinge. Hier können verschiedene To-do-Listen-Tools oder Webseitenspeichertools wie Wunderlist oder OneNote helfen. Aber Achtung! Diese Programme und Apps ändern sich ständig und lösen das grundsätzliche Problem der Überfrachtung nicht dauerhaft.
Die wohl pragmatischste Herangehensweise: Legen Sie sich einen Ordner als Ideenspeicher an. Sie können ihn auch so benennen. Dort sammeln Sie wahllos alles, was Ihnen Interessantes begegnet. Mit Hilfe der Suchfunktion finden Sie die Dinge wieder und pflastern nicht Ihren Desktop zu. Der Trick: Da das Abspeichern zumindest ein bisschen Mühe macht, werden Sie vielleicht das eine oder andere doch nicht abspeichern, weil Sie merken, dass es so essentiell gar nicht ist.



Intelligent Informationen sammeln

Konzentrieren Sie sich auf die wichtigen Dinge und fragen Sie sich: Bringt mir das, was ich gerade mache, einen Mehrwert? Hilft mir diese Recherche, meine Ziele voranzubringen?
Wissen und Informationen ändern sich täglich. Versuchen Sie nicht länger, allem hinterherzurennen. Wenn Sie am Abend Ihren Computer ausschalten, dann schließen Sie konsequent alle Tabs. Morgen ist ein neuer Tag und Sie werden sicherlich auf viele neue, interessante Dinge stoßen.

SO OPTIMIEREN SIE IHRE PC-ARBEIT!

Häufig ist der Desktop zugepflastert mit Dingen, die man im tagtäglichen Arbeitsfluss nicht benötigt. Einfache Tricks beim Dokumenten Management können Ihnen helfen, Chaos in Ihrer digitalen Ablage zu vermeiden. Hier erfahren Sie, worauf Sie dabei achten müssen.

  • 1. Den Bildschirm unterteilen
    Unterteilen Sie Ihre Arbeitsfläche in einzelne abgegrenzte Bereiche: Zum Beispiel in „Ordner”, »Bilder und Filme”, „Web-Links”, „Präsentationen” und „Programme”. Besonders hilfreich kann hier ein Programm wie Fences (deutsch: Zäune) sein. Das Programm „umzäunt” feste Bereiche, so dass Sic alles leicht wiederfinden. Es ordnet, wie in einem Kleiderschrank T-Shirts, Pullis und Hosen, Ihre Datei-, Ordner- und Verknüpfungs-Icons.
  • 2. Mit Verknüpfungen arbeiten
    Legen Sie einzelne Elemente immer nur an einem Platz ab, und zwar nicht auf dem Desktop. So vermeiden Sie das nervige Problem, dass es verschiedene Versionen einer Datei gibt. Zudem belegen Sie unnötig Speicherplatz. Mit Hilfe von Verknüpfungen (bei Mac „Alias”) können Sie sich Links aus der Ordnerstruktur für einen schnelleren Zugriff auf den Desktop setzen. So gewährleisten Sie, dass Sie immer mit der gleichen und aktuellen Version der Datei arbeiten.
  • 3. Archivordner nutzen
    Müssen Sie dagegen alte Versionen aufbewahren, legen Sie entsprechende „Archiv-Ordner” an. Wenn Sie überholte Fassungen regelmäßig dort hinein kopieren, haben Sie die aktuelle Datei immer sofort
    zur Hand.
  • 4. Dateipfade vermerken
    Machen Sie es sich zur Gewohnheit, auf jedem Dokument den Datei-pfad zu vermerken. So finden Sie und Ihre Kollegen und Mitarbeiter das Dokument garantiert wieder.
  • 5. Eine feste Struktur für die gemeinsame Ablage schaffen
    Apropos Kollegen und Mitarbeiter: Für eine gemeinsam genutzte Ablage müssen Sie eine Struktur erstellen, in der nicht nur Sie wichtige Dokumente wiederfinden, sondern auch alle anderen. Legen Sie in einem Teamtreffen eine sinnvolle Ablagestruktur fest, an die sich im Anschluss alle halten können.
    Eine einfache Struktur, die sich bewährt hat, ist folgende: In einem Allgemein-Ordner werden die Dateien gespeichert, die keiner Abteilung zugerechnet werden können, aber für die ganze Firma von Relevanz sind, zum Beispiel Logos, Mottos und allgemeine Infos. In Projekt-Ordnern werden Dateien beispielsweise zu Großprojekten, die von mehreren Abteilungen bearbeitet werden, gespeichert.
    Dokumente zu Projekten, die ausschließlich innerhalb einer Abteilung bearbeitet werden, beispielsweise der Buchhaltung, werden in Abteilungs-Ordnern abgelegt.
    Jeder Mitarbeiter bekommt darüber hinaus einen eigenen, nach Namen sortierten Ordner (Nachname, Vorname). In diesen persönlichen Ordner kommen ausschließlich private Dinge. Auch Versionen oder Projekte, an denen Sie in der Regel alleine arbeiten, gehören in die gemeinsame Ablage, damit bei Krankheit oder Urlaub auch Ihre Kollegen darauf zugreifen können.



Das ist eine Fülle von Tipps. Ich weiß, dass Sie nicht alles sofort umsetzen können. Aber warum fangen Sie nicht mit einem einzigen an? Und wenn das funktioniert, gehen Sie zum nächsten über. Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Und mit jedem weiteren Schritt kommen Sie Ihrem Ziel, einem effizienten Arbeitsplatz, näher.