MAZ – Und täglich quillt das Postfach über

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Klare Strukturen gegen die E-Mail-Flut: Mit wenigen Regeln lässt sich tagtäglich viel Arbeitszeit und Ärger einsparen, sagt ein Effizienz-Profi

Berlin. Ein kurzer Ton. Eine Meldung ploppt auf dem Bildschirm auf und verschwindet schnell wieder. Und schon ist man von einer neuen E-Mail abgelenkt – egal, ob man gerade telefoniert oder an einem Projekt arbeitet. Viele Menschen schauen dann auch gleich nach, wer etwas von ihnen will und ob es dringend ist. Dieser Vorgang wiederholt sich im Schnitt 45-mal am Tag, hat eine Onlineumfrage der Unternehmensberatung Tempus ergeben. Es gibt viele Möglichkeiten, mit der elektronischen Post Arbeitszeit zu verschwenden: E-Mails werden mehrfach auf den Schirm geholt, weil das Postfach nicht aufgeräumt ist. Die Korrespondenz mit einem Kunden ist unauffindbar, weil der Kollege sie nach einem anderen System abspeichert als man selbst. In ein Projekt muss zusätzliche Zeit investiert werden, weil eine dringende Mail des Chefs übersehen wurde. Am Ende sind alle Beteiligten genervt – und die Zahl der E-Mails im Postfach wächst und wächst. Mit den von Buchautor Jürgen Kurz aufgestellten Regeln und etwas Disziplin lassen sich schätzungsweise 20 Prozent Zeit einsparen – und als positiver Nebeneffekt macht die Arbeit mehr Freude.

Feste Lesezeiten
Zunächst sollten am Rechner alle akustischen und optischen Posteingangssignale ausgeschaltet werden. Gerade Morgenmenschen sollten sich in den ersten Arbeitsstunden auf wichtige Aufgaben konzentrieren. Für neun von zehn Arbeitnehmern reicht es, dreimal am Tag Nachrichten zu lesen und zu beantworten.

E-Mails sofort bearbeiten
Am effektivsten ist es, elektronische Nachrichten nur dann zu lesen, wenn man sich auch gleich Zeit zum Antworten nimmt – je nach Bedarf eine halbe oder ganze Stunde. Alles, was sich innerhalb von fünf Minuten erledigen lässt, sollte auch sofort bearbeitet werden. Diese Sofortregel spart Zeit. Alles andere wird gelöscht, delegiert oder in eine To-do- Liste eingetragen. Danach sollte das Postfach leer sein.

Löschen auf Probe
Viele Nutzer haben Angst, E-Mails zu löschen, weil sie sie noch einmal benötigen könnten. Da hilft es, einen Ordner „zz Löschen auf Probe” (dieser steht dann in der Ordnerstruktur unten) anzulegen und dorthin diese E-Mails zu verschieben. Den Ordner so einstellen, dass automatisch alle Mails gelöscht werden, die beispielsweise älter als sechs Monate sind.

E-Mails finden
Problem bei E-Mails ist selten der Speicherplatz, sondern das Finden. Der Übersicht dient, nur die Nachrichten mit relevanten Informationen aufzubewahren. Alles andere nach dem Lesen löschen. Für Sicherheitsfanatiker: Auch der Papierkorb ist so einzustellen, dass Mails erst nach einer festgelegten Zeit gelöscht werden.

Strukturierte Ablagesysteme
Manche Menschen haben alle E-Mails im Posteingang und arbeiten ausschließlich mit der Suchfunktion. Das ist umständlich – denn wie hieß noch der Ansprechpartner des potenziellen neuen Kunden? Der Experte für Büro-Kaizen (Kaizen stammt aus dem Japanischen und bedeutet Veränderung zum Besseren) empfiehlt deshalb das Arbeiten mit einer Ordnerstruktur. Erfahrungen zeigen, dass sieben bis zehn Ordner je Ebene und zwei bis drei Ebenen gut handelbar sind. Sonst geht die Übersicht verloren. Regel: Bearbeitete E-Mails sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur ungelesene und unbearbeitete Nachrichten.

Eindeutige Betreffzeilen
Eine klare Betreffzeile hilft Sender und Empfänger. Der Absender formuliert auch für sich selbst klar sein Anliegen (Kunde, Projektnummer, Vorhaben) – und der Adressat weiß sofort, worum es geht. Zudem
erleichtert es später das Finden einer Nachricht über die Suchfunktion Im Laufe des Senden-und- Beantworten-Spiels ändert sich oft die Thematik. Für die Eindeutigkeit sollte dann der Betreff angepasst werden.

Gemeinsame Spielregeln
Die wenigsten arbeiten allein, deshalb helfen gemeinsame Regeln. In manchen Teams haben alle Zugriff auf bestimmte Mails – dann sollten sich die Teammitglieder auf eine feste Ablagestruktur (etwa nach Kunden oder Projekten) einigen. Dafür ist angeblich nie Zeit, aber alle verschenken ansonsten Zeit mit suchen, ärgern und streiten. Das ist frustrierend, findet Jürgen Kurz. Zudem sind einmal aufgestellte Regeln auch nicht endgültig, sondern sie müssen sich in der Praxis bewähren. Ist das nicht der Fall, müssen hilfreichere Regeln her – eine kontinuierliche Verbesserung. Darüber hinaus sollte vereinbart werden, in welchem Zeitraum Mails verarbeitet werden müssen. Oder wer was wissen muss und wer reagieren sollte: So müssen Adressaten handeln – aber nicht diejenigen, die in cc stehen.

„Es ist frustrierend, Zeit mit Suchen der E-Mails zu verschenken.”
Jürgen Kurz

Info
Das Buch „Für immer aufgeräumt – auch digital” ist erschienen im Gabal- Verlag. 128 Seiten, ISBN 978-3-86936- 561-9, 19,90 Euro.

Jens Gieseler