Veränderungen werden oft erst durch eine Krise ausgelöst. Die Herausforderung heutiger Unternehmen besteht darin, Veränderungen vorzunehmen, um eine Krise vorzubeugen oder den Ist-Zustand aus eigenem Willen heraus zu verbessern. Dafür gibt es das sogenannte Change Management. Um was es sich bei diesem Begriff genau handelt und wie man seine Inhalte im Unternehmen erfolgsorientiert umsetzt, das nehmen wir in diesem Beitrag genauer unter die Lupe.
Inhaltsverzeichnis
Warum sind Veränderungen notwendig?
Aber bevor wir tiefer ins Detail gehen, möchten wir zunächst hinter die Kulissen blicken: Warum braucht es eigentlich eigens eine Form des Eingreifens, das wir unter dem Begriff „Change Management“ kennen? Nun ja: Pauschal lässt sich sagen: Ein aktives Change Management ist überall da notwendig, wo Menschen Veränderungen skeptisch gegenüberstehen. Und das betrifft – wenn man mal kurz nachdenkt – eine ganze Menge an Bereichen, privat als auch beruflich. Jede Veränderung (sowohl der Umwelt als auch der eigenen Angewohnheiten) bedeutet eine Anstrengung, die oft als unnötig empfunden wird und so das Gefühl eines Widerwillens auslöst. Wir Menschen sind nun mal Gewohnheitstiere. Veränderungen werden im natürlichen Bewusstsein eines Menschen daher meist nicht als Verbesserung oder als Chance, sondern zunächst einmal als Risiko eingestuft. Um dies zu ändern und dennoch Veränderungen durchzuführen, gibt es das sogenannte „Change Management“, das sich mit eben diesem Problem und der Umsetzung von Veränderungsprozessen auseinandersetzt. Auslöser für das Changemanagement können die Globalisierung, Digitalisierung und technische Entwicklung, soziale Veränderungen, das Verhalten von Wettbewerbern usw. sein.
Definition Change Management
Change Management ist ein zeitlich begrenztes und meist von oben gesteuertes Projekt, das Maßnahmen und Tätigkeiten beschreibt, welche eine weitreichende Veränderung innerhalb einer Organisation bewirken soll. Dabei arbeitet Change Management mit kleinen Veränderungen, die zusammengenommen zu einer umfassenden Veränderung führen sollen und sich nach und nach zu einem Ganzen zusammenfügen.
„Ändere das Veränderliche, akzeptiere das Unveränderliche und entferne dich vom Unannehmbaren.“ – Denis Waitley
Ziele des Change Managements
Ziel eines jeden Change Management Prozesses ist es, die betreffende Organisation an sich verändernde Umstände anzupassen, die eine neue Struktur verlangen. Je schneller sich die Umwelt und die Rahmenbedingungen verändern, desto schneller muss auch das Change Management arbeiten und desto mehr ist ein solches überhaupt nötig. Verschiedene Faktoren beeinflussen die Dynamik innerhalb einer Organisation. Dazu gehören beispielsweise die Globalisierung, die Internationalisierung, schneller technischer Fortschritt und politische Veränderungen. Auch die sich ändernden Ansprüche der Arbeitnehmer und ein Wandel in der Gesellschaft kann die Ansprüche, die an ein Unternehmen oder eine Organisation gestellt werden, stark verändern. Gerade in der heutigen Zeit wandelt sich die Umwelt oft so schnell, dass der menschliche Veränderungswille, der sich gegen Veränderungen des eigenen Verhaltens oft sperrt, von alleine diese Veränderungen nicht mehr in der Geschwindigkeit mitziehen kann, wie es das Unternehmen braucht. Hier setzt das Change Management an, indem es die nötigen Veränderungen im Inneren des Unternehmens durchsetzt und es so wettbewerbsfähig bleiben lässt.
Phasen des Change Managements nach Lewin und Kotter
Erste Ansätze des Change Managements wurden bereits 1930 von den Wissenschaftlern Fritz Roethlisberger und Mayo erforscht. Heute sind uns im Zusammenhang mit dem Thema Change Management vor allem die Namen Kurt Lewin und John P. Kotter ein Begriff. Kurt Lewin untersuchte die Wirkung von gezielt eingeführten Veränderungen in den 1940ern und entwickelte hieraus drei Phasen der Veränderung. John P. Kotter beobachtete acht Phasen der Veränderung, die nach seiner Vorstellung bei jedem Change Management Prozess eingehalten werden müssen. Diese beiden moderneren Phasen wollen wir uns mal etwas näher ansehen und stellen sie Ihnen nachfolgend im Detail vor, so dass Sie sie auch für sich selbst adaptieren können.
Phasen des Change Managements nach Kurt Lewin
Kurt Lewin entwickelte ein dreiphasiges Modell, das ein abgeschlossenes System bildet:
- Unfreezing/Auftauphase: Unter Unfreezing verstand Lewin die sogenannte „Auftauphase“, in der zunächst einmal festgestellt wird, dass der Ist-Zustand nicht mehr befriedigend ist. In dieser Phase steigt das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Veränderung. Auch wenn die Bereitschaft für Veränderung in dieser Phase zunächst noch nicht vorhanden sein muss, so ist die Erkenntnis, dass man mit dem Althergebrachten nicht mehr weiterkommt, an dieser Stelle schon ein entscheidender Schritt. Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil nur mit diesem Bewusstsein der nächste Schritt des Unfreezing eintreten kann, in dem das alte Verhalten beobachtet und infrage gestellt wird.
Ziel dieses Schritts: Die Phase des „Unfreezing“ bewirkt im Idealfall einen allgemeinen und von innen heraus kommenden Wunsch nach Veränderung, der die ganze Organisation ergreift. - Moving/Bewegungsphase: Moving beschreibt eine Phase, in der das bisher „Eingefrorene“, wie der Name schon sagt, in Bewegung kommt. Der Ist-Zustand wird aufgelöst, es wird Neues ausprobiert und gemeinsam macht man sich dabei auf die Suche nach Lösungen.
Gut zu wissen: Bei dieser Projektphase ist es durchaus erlaubt, Fehler zu machen. Noch hat man die Chance, sie zu korrigieren, bis ein befriedigendes Ergebnis gefunden ist.
Ziel dieses Schritts: Aus der Lethargie heraus- und in Bewegung kommen sowie das Erzeugen einer Aufbruchstimmung. - Refreezing/Einfrierphase: Nach der Phase des „Moving“ wird der neue Zustand wieder eingefroren. Durch die beiden vorangehenden Phasen wurde ein neuer Ist-Zustand herbeigeführt, der nun erst einmal konstant bleiben soll. Damit wird der Veränderungsprozess abgeschlossen. Diese Phase soll vor allem verhindern, dass durch ständige Bewegung auch die guten Lösungen wieder verloren gehen. Neues muss sich erst etablieren und fester Bestandteil der Struktur werden, bevor es dauerhaft umgesetzt werden kann.
Ziel dieses Schritts: Durch die Erfahrung auf eine neue, bessere Ebene gelangen und diese etablieren.
Kritik an der von Kurt Lewin entwickelten Methode
Kritik an der Methode von Kurt Lewin bezieht sich heute vor allem auf die letzte Phase des „Refreezing“, das so als nicht mehr zeitgemäß betrachtet wird. Da unsere Umwelt sich in einem permanenten Wandel befindet, ist auch vom Unternehmen ein permanenter Wandel gefragt. Die Phase des Refreezing fällt daher heute in den meisten Unternehmen weg, was die Methode von Lewin auf zwei Phasen reduziert.
Phasen des Change Managements nach John P. Kotter
John P. Kotter entwickelte ein Modell, das aus acht Phasen besteht und dadurch deutlich detailreichere Vorgaben als die Methode Lewins beinhaltet:
- Veränderungswillen initiieren
Der Veränderungswillen wird nach Kotter in drei Phasen initiiert:- Verständnis
Diese Phase entspricht im Wesentlichen dem ersten Schritt der Methode von Lewin. Ein Verständnis für die Defizite des Ist-Zustandes ist Voraussetzung für den zweiten Schritt. - Dringlichkeit
Auch dieser Schritt ist bei Lewin im „Unfreezing“ enthalten. Die Mitarbeiter des Unternehmens sollen ein Gefühl für die Dringlichkeit der Veränderung entwickeln, die in ihnen den Wunsch weckt, eine Veränderung vorzunehmen. - Bewusstsein
Aus der Dringlichkeit ergibt sich ein Bewusstsein für die Notwendigkeit, einen Wandel einzuleiten.
- Verständnis
- Führung aufbauen
In diesem Schritt wird ein Führungsteam gebildet, das die Veränderung begleitet und leitet. Hierfür werden Mitarbeiter mit unterschiedlichen Kompetenzen ausgewählt. - Eine Vision entwickeln
In dieser Phase wird gemeinsam eine Vision davon entwickelt, wie das Unternehmen in Zukunft agieren soll. Die Ziele dieser Vision werden klar formuliert und ein gemeinsames Verständnis für die Richtung der Veränderung erzeugt. Dafür werden die Mitarbeiter eingebunden und ermutigt, eigene Ideen zu entwickeln. - Kommunikation der Vision
Die Vision und ihre Ziele sollen nun an jeden Mitarbeiter nicht nur herangetragen, sondern auch von ihm oder ihr verinnerlicht werden. Dafür werden nicht nur Informationen herausgegeben, sondern die Führungsriege beginnt bereits durch eigenes Verhalten eine Vorbildfunktion einzunehmen. - Hindernisse beseitigen
In dieser Phase werden Probleme ermittelt, die sich bei der Umsetzung der Vision auftun. Meist sind dies festgefahrene Strukturen und Systeme oder auch einzelne Mitarbeiter, die sich sperren. In dieser Phase sollen alle motiviert werden, die Hindernisse, die einem Change Prozess noch im Weg stehen, zu beseitigen. - Erfolge sichtbar machen
Jeder Erfolg, auch ein kleiner, sollte sichtbar gemacht werden, um die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen. - Veränderungen weiter durchführen
Durch die schnellen Erfolge besteht die Gefahr einer Verlangsamung des Veränderungsprozesses, da rasch das Gefühl entsteht, man „habe schon genug getan“. In der siebten Phase soll die Veränderung aufrecht erhalten werden. - Verankerung der Veränderung
Ähnlich wie beim Refreezing soll nun die Veränderung in der Unternehmensstruktur verankert und zu einem neuen Standard gemacht werden.
Gemeinsamkeiten der Change Management Methoden von Lewin und Kotter
Beiden Methoden gemeinsam ist die Herangehensweise, zunächst ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Veränderung zu schaffen, und diese Veränderung dann in kleinen Schritten durchzuführen, bis sie zu einem Abschluss gebracht werden kann. Im Grunde unterscheiden sich die Methoden nicht grundlegend und aus dem Grundprinzip können weitere Methoden und Schritte abgeleitet werden. So sind die Methoden nicht bei jedem durchgeführten Change Management identisch, verfolgen jedoch im Kern fast immer den gleichen Ansatz.
Tipps für ein erfolgreiches Change Management
Mit diesen bewährten Tipps können Sie ein erfolgreiches Change Management in Ihrem Unternehmen etablieren:
- Alle Beteiligten müssen die Ziele des Veränderungskonzeptes kennen und diese verstehen
- Eine hohe Informationsdichte und gute Kommunikation ist entscheidend
- Angekündigte Veränderungen sollten in jeder Hinsicht vertretbar sein
- Fähigkeiten der Mitarbeiter einbeziehen und Kenntnisse entsprechend schulen
- Einen konkreten Umsetzungsplan erstellen
- Die Entscheidungsträger sollten an der Entwicklung der Konzepte mitwirken
- Notwendige Ressourcen sollten dem Change Management bereitgestellt werden
- Kritiker einbeziehen und die Veränderungskonzepte hinterfragen
- Widerstände sollten berücksichtigt werden
- Die Mitarbeiter motivieren und Verbesserungsvorschläge einbeziehen
- Erfolge feiern
Im Change Management richtig Kommunizieren
Einer der wichtigsten Aspekte bei Veränderungen ist es, dass alle Beteiligten auch alle wichtigen Informationen erhalten. Die Kommunikation im Change Management kann über verschiedene Wege geschehen:
- Intranet im Unternehmen
- Fortbildungen und Mitarbeiterschulungen
- Einzelgespräche und Coachings
- Mitarbeiterzeitungen und Aushänge
- Führungskräfteentwicklung
Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines Change Managements
Trotz ausgearbeiteter Methoden und dem Willen vieler Unternehmen ist nicht jedes Change Management Projekt erfolgreich.
- Wenn die Ziele im Voraus nicht klar definiert sind, kann das schon ein maßgeblicher Grund sein, weshalb das Change Management scheitert. Es kann zum Beispiel sein, dass die Mitarbeiter dadurch nicht den Sinn im zusätzlichen Arbeitsaufwand sehen und somit die Motivation darunter leidet. Damit sind wir auch schon beim zweiten Punkt…
- Oft lösen die Methoden sogar großen Widerstand bei den Mitarbeitern aus. Meist liegen die Gründe hierfür in einem fehlgeleiteten ersten Schritt: Denn nur mit dem Wunsch nach Veränderung kann Veränderung stattfinden. Wie sich dieser Schritt am besten durchführen lässt, muss jedes Unternehmen für sich selbst erforschen, denn hier ist Individualität gefragt.
- Bleiben Erfolge unsichtbar, kann das die Veränderungsprozesse verlangsamen und das Ziel erscheint unerreichbar. Kleine Erfolge sollten deshalb erkannt und entsprechen gefeiert werden. So bleibt auch die Motivation am Prozess erhalten.
- Zusätzlich kann es auch sein, dass man in alte Verhaltensmuster zurückfällt und die bisherige Unternehmenskultur fortführt, was somit den Veränderungsprozess ausbremst.
- Change Management funktioniert nur dann, wenn die benötigten Ressourcen gegeben sind, seien personelle oder finanzielle Kapazitäten.
- Heutzutage sind Veränderungsprozesse nicht mehr wegzudenken. Unternehmen müssen immer flexibler werden. Wenn dabei allerdings schlechte Erfahrungen gemacht wurden, kann dass auch für spätere Prozesse von Nachteil sein.