Backjournal – Auf Wiedersehen Chaos
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Ein aufgeräumter Arbeitsplatz steigert die Effizienz und sorgt für zufriedenere Mitarbeiter.
Die Welt ist schon komplizert genug, meint Fred Fisch und ärgert sich wieder einmal über die Papierberge, Aktenordner, Rezepte, Rechnungen und Notizzettel, die sich in Bergen auf dem Schreibtisch türmen. Und das Chaos in der Backstube: Bleche, Formen, Körbe und Tüten stapeln sich kreuz und quer. Aber wie kann Fred dauerhaft für mehr Ordnung sorgen? Wie soll er aufräumen, sortieren und abheften ohne dass sich das Geschirr nach zwei Wochen wieder durch die Hintertür einschleicht? Freds Freundin Marlene Makrele ist zum Glück ein Ordnungstalent und drückt Fred ein Buch in die Hände. Nicht nur „Für immer aufgeräumt”, verspricht das schmale Bändchen von Jürgen Kurz, sondern auch „Zwanzig Prozent mehr Effizienz im Büro”. Das will Fred auch schaffen und vertieft sich in die bildreiche Lektüre.
Freier Schreibtisch, freier Kopf. Der Arbeitsplatz, liest Fred, sei ein Symbol für die Ordnung im Kopf. Wer seinen Schreibtisch in Ordnung halte, dessen Kopf sei ebanfalls aufgeräumt und umgekehrt. Da ist was dran, denkt Fred, der Jeden Tag mit neuen Informationen und Anfragen überspült wird, die Kopf und Ablage gleichermaßen verstopfen. Wirklich merkwürdig ist für Fred aber, dass kaum Zeit zum Aufräumen bleibt, jede Menge davon aber zum Suchen – ein Paradox ist dazu völlig ineffizient. Wer konkurrenzlos ist, mag sich das erlauben können – was aber, wenn die neue Bäckerei auf der anderen Straßenseite die gleiche Leistung 20 Prozent billiger, 20 Prozent schneller und 20 Prozent besser anbieten kann? Oder die Mitarbeiter unter ihrer Aufgabenlast zusammenbrechen, ein Burn-out haben? Fred will sich die Konsequenzen lieber nicht ausmalen. Gut, dass Kurz dem Problem nachspürt: Fehlende Standards, zu viele Umwege und Verstopfungen, zu lange Warte- und Liegezeiten befeuern das Chaos in Produktion und Büro und machen das Mögliche unmöglich.
Stetige Verbesserung zum Besseren. Kurz' Ansatz ist die permanente Verbesserung der Prozesse. „Kaizen” sagen die Japaner dazu. Anders ausgedrückt: Alles, was keinen Sinn hat, weglassen. Das gelingt am besten in fünf Schritten: Ordnung und Sauberkeit herstellen, Standards vereinbaren, Prozesse optimieren, Eigenverantwortung fördern, Ziele und Kennzahlen vereinbaren.
Chaos ade. Der erste Schritt zu mehr Struktur ist ein etwas mühsamer, es geht ums handfeste Aufräumen. Kurz schlägt vor, die Arbeitsplätze in ihrem Ist-Zustand zu fotografieren. Das habe einen Schockeffekt und helfe anschließend dabei, all das, was nicht mehr gebraucht wird, auszusortieren. Die Belohnung: Mehr freie Flächen, mehr Platz, mehr Übersicht und eine Reduzierung der Suchzeiten. Unterlagen, die vielleicht noch gebraucht werden, gehören in beschriftete Kartons. Werden sie in den nächsten Monaten nicht mehr hervorgeholt, weg damit. Leere Regale, Container und Ablagen, so Kurz, müssen unbedingt herausgeräumt werden. Wo keine Ablagefläche mehr, da keine Versuchung. In das direkte Umfeld gehören nur Dinge für den täglichen Bedarf. Das Strukturprinzip ist also hierarchisch, schlussfolgert Fred, und Kurz sagt: „Was Sie immer brauchen, müssen Sie ohne aufzustehen greifen können”.
Willkommen Standards. Ist die Spreu erstmal vom Weizen getrennt, geht es mit dem Sortieren weiter. Schließlich, so Kurz, habe alles seinen Platz. Die erste Frage, die Fred sich deshalb stellen muss: Wo ist der ideale Platz für...? Ist der gefunden, kann er Ordner, Akten und Büromaterialien beschriften und nach Relevanz einsortieren, Inhaltsverzeichnisse für Akten anlegen, Farbmarkierungen anbringen und Ablageschalen beschriften. Und zwar so, dass das System auch von allen Mitarbeitern übernommen werden kann. Das verhindert langes Suchen, und jeder findet sich schnell zurecht. Aber vor allem: Standards helfen, die neue Ordnung zu bewahren und verhindern, nach kürzester Zeit in alte Muster zurückzufallen. Für den Posteingang hat Kurz noch einen Extratipp: Überquellende Ablageschalen bekommt man am besten in den Griff, wenn man davon nur eine hat, alle Eingänge einmal am Tag sichtet, alles was in fünf Minuten bearbeitet werden kann, sofort erledigt, und in die Zwischenablage räumt, was bis zum Abend gemacht sein soll. Interessant dabei: Bleibt vieles liegen, kann das ein Zeichen von Überlastung und falscher Organisation sein. Auch die tägliche E-Mail-Flut kann mit Standards kanalisiert werden: Eingänge am besten ein- bis zweimal täglich zu festen Zeiten sichten und bearbeiten.
Aus Fehlern lernen. Standards können stetig verbessert werden, fomuliert Kurz die nächste Aufgabe. Schließlich sei ein Prozess erst dann optimal, „wenn nichts mehr weggelassen werden kann, ohne das Ergebnis zu verschlechtern”. Anders: „Entweder es geht einfach oder es geht einfach nicht”. Fred denkt dabei an seinen Kollegen Peter Pangasius. der hat ein gut durchdachtes Liefergeschäft und überlegt und rechnet ganz genau, ob und wie er neue Lieferanfragen in die Route integriert. Ein Geschäft, das nicht zur Wertschöpfung beitragen kann, ist kein Geschäft, lautet seine Devise. Auch von seinem ärgsten Konkurrenten Rudi Rollmops kann Fred noch etwas lernen. Dessen Ansatz: Eine angstfreie Fehlerkultur: Machen Mitarbeiter Fehler, fragt er mindestens fünfmal nach dem Warum, Bevor er den Mitarbeiter zur Verantwortung zieht. Denn oft, das meint auch Kurz, liegt der Fehler im System. Fehler sind also wertvolle Hinweise auf blinde Flecken im Büroalltag.
Stärken stärken. Weil weder Fred noch Peter oder Rudi ihre Betriebe ohne ihre Mitarbeiter optimal aufstellen können, gehören sie auch bei der Arbeitsorganisation mit ins Boot. Kurz rät deshalb, die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu stärken, sie dabei aber nicht zu überfordern, sondern dort abzuholen, wo sie stehen. Eigenverantwortlich handle der, der über geplante Veränderungen genaustens informiert und in alle Prozessschritte einbezogen genaustens informiert und in alle Prozessschritte einbezogen wird. Hilfreich für den Arbeitgeber: Eine Qualifikationsmatrix, die listet, welcher Mitarbeiter was am betsen kann. Dann landen die Aufgaben dort, wo dir größte Kompetenz ist. Das bewahrt vor Über- wie Unterforderung und garantiert zufriedene Mitarbeiter.
Ziele definieren. Ein bisschen aufgeräumter, ein bisschen strukturierter. Wer so ziellos für immer aufgeräumt sein will, gibt die Effizienzsteigerung gleich wieder aus der Hand. Deshalb plädiert Kurz dafür, konkrete Ziele zu definieren: „Was sie nicht messen können, das können Sie auch nicht gestalten”. Zwei Beispiele: Notieren Sie in regelmäßigen Abständen wie lange die einzelnen Bearbeitungsschritte für ein Produkt dauern und viel Zeit der gesamte Durchlauf in Anspruch nimmt. Oder verteilen Sie regelmäßig einen Fragebogen zur Mitarbeiterzufriedenheit. Wie werden Arbeitsumfeld, Betriebsklima, und Entlohnung bewertet? Daran können Sie ablesen, ob Sie mit ihrem Konzept auf dem richtigen Weg sind.
Was Fred meint. Der Titel verspricht viel. „Für immer aufgeräumt” – das klingt zu schön, um wahr zu sein. Und ganz wahr ist es leider auch nicht. Ordentlich und sauber bleiben Schreibtisch und Backstube nach dem Aufräumen schließlich nicht von allein. Nur eine eindeutige Ordnung, feste Regeln, genaue Arbeitsaufteilung und der ständige Wille zur Fehlersuche und Optimierung können langfristig für effiziente Strukturen sorgen. Das weiß auch Kurz und zerlegt den Weg zum Ziel in viele mundgerechte Happen. Nach und nach genossen, ergeben sie ein schmackhaftes Ganzes und machen Lust auf mehr. Das Wichtigste dabei: Immer am Ball bleiben. Umkrämpeln lässt sich gerade ein größerer Betrieb nicht von heute auf morgen. Und wenn's mal wieder länger dauert, denkt Fred einfach an den deutschen Dichter der Aufklärung, Gotthold Ephraim Lessing: „Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht immer noch geschwinder als der, der ohne Ziel herumirrt.”