Prokrastination erkennen und überwinden: So besiegen Sie Ihre Aufschieberitis


Prokrastination ist ein weitverbreitetes Phänomen, das vielen Menschen im Alltag begegnet – oft, ohne dass sie den Begriff kennen. Ob im beruflichen Umfeld oder im privaten Leben: Aufgaben werden verschoben, Prioritäten verdrängt. Doch was genau verbirgt sich hinter Prokrastination? Wie lässt sich dieses Verhalten wissenschaftlich einordnen? Und vor allem: Was können Sie konkret dagegen tun? In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Prokrastination oder auch Aufschieberitis erkennen und mit einfachen, praxisnahen Strategien wirksam überwinden können.

1. Warum wir lieber aufräumen als anfangen: Die Psychologie des Aufschiebens

Das Wort Prokrastination stammt ursprünglich aus dem Lateinischen (procrastinare) und bedeutet übersetzt soviel wie vertagen oder verschieben. Damit ist das bewusste Aufschieben wichtiger Aufgaben gemeint, obwohl deren Erledigung eigentlich Priorität hätte. Statt sich dem Wesentlichen zu widmen, verliert man sich in Nebensächlichkeiten – und lenkt sich so effektiv vom eigenen Vorhaben ab.

Dieses Phänomen der Prokrastination erregt natürlich auch wissenschaftliches Interesse: Man stellte fest, dass Menschen, die prokrastinieren, oft keine Prioritäten setzen können. Zudem leiden sie oft an Minderwertigkeitsgefühlen und setzen berufliche oder private Erfolgserlebnisse mit Selbstwert gleich. Um diese negativen Gefühle zu verdrängen, schaffen sich Menschen, die prokrastinieren, Glücksmomente durch das Erreichen kleiner und niedrigschwelliger Ziele. Die große und schwierige Tagesaufgabe bleibt deshalb lieber unberührt und wird verschoben, da die Angst zu scheitern zu groß ist. Kleine Aufgaben wie E-Mails beantworten und Aufräumen, versprechen eine schnelle Zielführung und aktivieren das Belohnungszentrum im Gehirn.

Informationen für Unternehmer (Beratung bei Büro-Kaizen)

Praxisbeispiel zur Prokrastination

Ein typisches Beispiel für Prokrastination findet sich im Büroalltag: Das Protokoll einer Besprechung soll in Reinschrift geschrieben werden – idealerweise direkt nach der Besprechung, solange die Inhalte noch präsent sind. Doch stattdessen gerät diese Aufgabe in den Hintergrund. Plötzlich erscheint es wichtiger, Blumen zu gießen, Dokumente zu lochen oder bei einer Kleinigkeit zu helfen. So wird Zeit und Energie in Nebensächlichkeiten investiert, während die eigentliche Priorität unerledigt bleibt. Am Ende des Arbeitstages liegt das Protokoll immer noch unbearbeitet auf dem Schreibtisch.

 

Beispiel der Prokrastination
Eine beispielhafte Darstellung der Prokrastination im Büroalltag.

2. Formen der Prokrastination

Prokrastination kann in zwei große Gruppen unterteilt werden. Zwei Formen, die sich in Motivation, Wahrnehmung und Wirkung deutlich unterscheiden. Während die eine Variante strategisch und sogar leistungsfördernd sein kann, wirkt die andere eher hemmend und belastend. Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Merkmale der beiden Formen im Vergleich.

Aktive Prokrastination

Passive Prokrastination

  • Aufgaben werden bewusst verschoben
  • Man glaubt, unter Zeitdruck bessere Ergebnisse zu erzielen
  • Einfache Aufgaben wirken durch Aufschub herausfordernder
  • Der Zeitdruck wird als produktiv erlebt
  • Wird als eher funktionale, positivere Form gesehen
  • Aufgaben werden aus Unsicherheit heraus vermieden
  • Zweifel an der eigenen Fähigkeit, die Aufgabe zu bewältigen
  • Hohe Ansprüche und Angst vor Fehlern blockieren das Handeln
  • Negative Gedanken führen zu Aufschiebeverhalten
  • Gilt als belastender und hemmender Typ des Aufschiebens

2.1 Die bewusste Prokrastination

Bei der bewussten Prokrastination oder Aufschieberitis werden die Aufgaben so lange vor sich her geschoben, bis die Deadline bedrohlich nahe rückt. Erst der Zeitdruck gibt den nötigen Druck – dann wird mit höchster Konzentration gearbeitet und die Aufgabe oft erst in letzter Minute erledigt. Dieses Verhalten mag kurzfristig funktionieren, birgt aber die Gefahr von Stress, Fehlern und Qualitätsverlust.

Was hilft: Statt sich auf das Endergebnis zu fixieren, hilft es, sich bewusst auf den Startpunkt zu konzentrieren. Der erste Schritt zählt – nicht das perfekte Ergebnis. Planen Sie feste Zeitfenster für den Beginn einer Aufgabe ein, auch wenn der Termin noch weit entfernt scheint. So trainieren Sie das rechtzeitige Handeln und reduzieren den Druck am Ende.

2.2 Der Belohnungstyp

Der Belohnungstyp motiviert sich nach dem Prinzip: Erst ein bisschen Arbeit, dann eine große Belohnung. Nach einer Stunde konzentrierter Arbeit folgt nicht selten eine ausgedehnte Pause – zum Beispiel auf dem Balkon oder beim Wocheneinkauf. So gerät die Arbeit leicht ins Stocken, weil jede kleine Anstrengung sofort kompensiert werden muss.

Was hilft: Diese Strategie kann funktionieren – vorausgesetzt, man beginnt früh mit der Arbeit und achtet auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Pause. Statt einer Stunde Arbeit und zwei Stunden Pause hilft eine realistischere Taktung: zum Beispiel 60 Minuten konzentrierte Arbeit, gefolgt von 15 Minuten gezielter Erholung. So bleibt die Motivation erhalten, ohne dass der Fortschritt auf der Strecke bleibt.

2.3 Der Verzetteler

Der Verzetteler neigt dazu, mehrere Aufgaben gleichzeitig anzugehen. Hier eine neue Idee, dort ein spontaner Wechsel zur nächsten Aufgabe – oft unter Einbeziehung privater Themen. Dieses Muster wird zur Falle, wenn zu viele Baustellen gleichzeitig bedient werden und der Überblick verloren geht. Die Folge: Man steckt fest, kommt nicht mehr voran und fühlt sich zunehmend unter Druck gesetzt. Um diesem unangenehmen Gefühl zu entkommen, wird die Hauptaufgabe auf den nächsten Tag verschoben – in der trügerischen Annahme, dass es sich mit frischem Kopf besser arbeiten lässt.

Was hilft: Brechen Sie eine Aufgabe nicht voreilig ab. Holen Sie sich stattdessen gezielt Unterstützung – zum Beispiel durch ein kurzes Brainstorming mit einer Kollegin oder einem Kollegen. Oft reicht schon ein neuer Impuls, um wieder in den Arbeitsfluss zu kommen.
Konzentrieren Sie sich zudem bewusst auf eine Aufgabe. Studien zeigen: Multitasking mindert die Qualität der Arbeit, weil die Aufmerksamkeit ständig zwischen den Themen wechselt. Besser ist es, konzentriert und Schritt für Schritt vorzugehen – so behalten Sie die Kontrolle und erzielen bessere Ergebnisse.

2.4 Die Putzfee

Normalerweise stört sich die Putzfee nicht an Unordnung. Leere Tassen, Papierstapel oder Essensreste fallen nicht weiter auf. Doch sobald eine größere, vielleicht unangenehme Aufgabe ansteht, wird plötzlich der Schreibtisch aufgeräumt, die Fenster geputzt oder das Archiv sortiert – ein klassischer Fall von Prokrastination.

Was hilft: Bevor Sie sich in ablenkende Aktivitäten stürzen, halten Sie kurz inne und überlegen Sie: Was genau macht diese Aufgabe so unangenehm? Erscheint sie zu umfangreich? Überfordert Sie der Einstieg? Zerlegen Sie die Aufgabe in kleine, überschaubare Schritte. So schaffen Sie sich erste Erfolgserlebnisse – und der Einstieg fällt deutlich leichter. Sobald Sie im Flow sind, wächst auch die Motivation, weiterzumachen.

Arten der Prokrastination
4 Typen von Prokrastination

3. Tipps gegen Prokrastination für produktiveres Arbeiten

Um Aufschieberitis und Prokrastination einfach vorzubeugen, können Sie folgende Tipps für sich nutzen:

  1. Akzeptieren Sie Ihr bisheriges Verhalten und fangen Sie neu an.
  2. Gehen Sie Schritt für Schritt ans Ziel.
  3. Erledigen Sie unangenehme Aufgaben zuerst, es wird sich lohnen!
  4. Lassen Sie sich nicht von unwichtigen Dingen ablenken.
  5. Setzen Sie Prioritäten bei der Bearbeitung Ihrer To-Do′s und erstellen Sie einen Tagesplan für Ihre Aufgaben.
  6. Gestalten Sie sich ein angenehmes Arbeitsumfeld, in dem Sie ruhig und konzentriert arbeiten können.
  7. Machen Sie kleine Pausen.
  8. Arbeiten Sie bestenfalls offline, um unnötige Störungen vorzubeugen.
  9. Belohnen Sie sich am Ende und loben Sie sich für das Erreichte!


0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Most Voted
Newest Oldest
Inline Feedbacks
View all comments
Schlagwörter: